Stolperstein 9. November – Schortbrief 9 im Schuljahr 2023/24

Margarete Agnes Silbermann wurde am 4. Februar 1885 in Berlin geboren. Eine Internetrecherche gibt nicht viel mehr Informationen preis, als den Namen ihres Ehemannes (Edwin Silbermann), von Beruf Arzt, und ihrer Tochter (Marianne Rothschild), geboren 1914. Ein Stolperstein vor dem Haus Otto-Suhr-Allee 146 erinnert an Margarete Silbermann. Hier hat sie gelebt. Von hier wurde sie im Januar 1942 verschleppt („deportiert“). In Riga (heute die Hauptstadt Letlands) wurde sie ermordet. Ihre Tochter Marianne starb 2011 im Alter von 96 Jahren in Israel.

Die Geschichte der Familie Silbermann ist eine von Millionen Geschichten deutscher und eropäischer Menschen jüdischen Glaubens. Sie mündete im Holocaust, der systematischen Ermordung von Millionen Jüd:innen und Vernichtung jüdischen Lebens. Margarete Agnes Silbermann war eine davon.

Wie hat die Familie Silbermann dort in dem Haus in der Otto-Suhr-Allee, ganz in der Nähe unserer Schule, wohl die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erlebt? In dieser Nacht wurden in Berlin und in ganz Deutschland Wohnhäuser, Geschäfte, Arztpraxen und Synagogen (jüdische Gotteshäuser) angegriffen, geplündert, verwüstet, in Brand gesetzt. „Die Polizei griff nicht ein, nur wenige Menschen trauten sich, ihren jüdischen Mitbürgern zu helfen. In dieser Nacht starben mehr als tausend Juden. 30.000 Menschen wurden verhaftet und verschleppt.“ So kann man es auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung nachlesen.

Übergriffe, wie die gegen jüdische Mitbürger:innen im November 1938, werden als Pogrome bezeichnet. Sie richten sich gewaltsam gegen Minderheiten in einem Staat oder Gemeinwesen. Diese Minderheiten werden verantwortlich gemacht für alles, was schief läuft. Das Wort Pogrom kommt aus dem Russischen und bedeutet soviel wie „Verwüstung“, „Unwetter“. Hilfe von Polizei, gesellschaftlichen oder anderen Gruppen erhalten die Opfer von Pogromen meist nicht. Auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung heißt es dazu: „Die Gewalttaten gegen Juden wurden oft von staatlichen oder kirchlichen Stellen unterstützt. Als Grund für die Pogrome dienten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein falsche Anschuldigungen. Man machte die Juden zu Sündenböcken für vieles, was im Staat falsch lief. Weil die Juden immer in der Minderheit waren, waren sie den Gewalttätern ausgeliefert.“ (Quelle: Pogrom/Reichspogromnacht | bpb.de)

Der 9. November wird für immer mit dieser dunklen Seite deutscher Geschichte verbunden bleiben. Ein Tag voller Schrecken für Jüdinnen und Juden. Ein Tag, an dem auch ich mich immer wieder frage: Hätte ich damals weggesehen? Wie hätte ich mich damals verhalten? Hätte ich den Mut gehabt, zu widersprechen, zu helfen? Und was heißt das für mein Handeln heute?

Der 9. November hat aber nicht nur diese Seite. Es ist auch der Tag, an dem die Mauer, die die DDR und die Bundesrepublik über Jahrzehnte trennte, durchlässig wurde. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 wurde die zuvor fast unüberwindliche Grenze zwischen Ost- und Westberlin geöffnet. Tausende von Menschen wechselten friedlich von einem Teil Berlins in den anderen. Ein Tag voller Freude für viele.

Am kommenden Donnerstag, dem 9. November 2023, werden wir uns Zeit nehmen, um auf die verschiedenen Seiten des 9. November zu schauen. Wir wollen gemeinsam der Geschichte dieses Tages mit einem Projekttag auf den Grund gehen. Zurückblicken und genau Hinschauen ist wichtig. Denn: „Ohne Vergangenheit kann man keine Zukunft haben“ (Michael Ende).

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Außerdem in der kommenden Woche:

07.11.2023, 14.30 Uhr2. Sitzung der Gesamtkonferenz (Mensa der ESC)
07.11.2023, 17.30 UhrThemenabend ECHT STARK – Einführung in die gleichnahmige Ausstellung für Eltern von Schüler:innen im Grundschulalter (Mensa der ESC)
09.11.2023Projekttag 9. November – Zeiten nach Absprache je Klasse. Hortbetreuung wie gewohnt.

Last but not least: Für den 9. November 2023 ruft ein Bündnis aus Kirchen und Verbänden anlässlich der 85. Wiederkehr des Gedenkens an die die Pogromnacht zu einem Gedenkweg auf. Wir werden nicht organisiert als Schule oder Klassen teilnehmen, laden aber alle Schüler:innen, Eltern und Kolleg:innen herzlich zur Teilnahme ein: Erinnern. Gedenken. Mitgehen. 85 Jahr Pogromnacht.

Hier gibt es SCHORTBRIEF 9 als PDF-Datei: https://www.ev-schule-charlottenburg.de/wp-content/uploads/sites/5/2023/11/SJ-23-24-ESC-SCHORTBRIEF_9.pdf.

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